Donnerstag, 20. August 2009

Land unter

Mittwochs ist Einkaufstag. Da Daniel gestern aber dringend im Büro arbeiten musste, habe ich beschlossen, alleine mit den Kindern und unseren Aunties in die Stadt zu fahren. Ganz schön mutig - stimmt! Die Hinfahrt war eigentlich recht entspannt, es nieselte und es waren "relativ" wenige Leute unterwegs. Auf der Hinfahrt ist Sarah relativ bald eingefallen, dass sie ihre "Local-Tax-Card" vergessen hatte (jeder hier muss Local-Tax bezahlen und bekommt dann einen schönen Ausweis, den er immer bei sich tragen sollte... - wer nicht bezahlt "must go to Pademba" (in der Pademba Road in Freetown ist das Gefängnis!) und wer den Ausweis nicht dabei hat? - hat nicht bezahlt...). 
Alles lief soweit gut, wir wurden durch den Checkpoint direkt durch gewunken und die Damen machten sich auch gemeinsam auf den Weg zum Markt. Ich fuhr mit zwei leicht aufgedrehten Kindern weiter und alles war in Ordnung - bis wir zu der Straße kamen, in der die meisten Supermärkte sind. Es ist eine sehr, sehr lange Straße und während wir sie entlang fuhren, wurde der Regen immer schlimmer, die Straße zu einem immer reißender werdenden Sturzbach, ich immer nervöser und die Kinder immer hibbeliger... Wir erledigten unsere Einkäufe in Windeseile, da Sarah und Doris ja im Regen auf dem Markt waren und nach wenigen Sekunden sicherlich schon völlig durchnässt waren. Als wir aus dem Supermarkt kamen sah ich, wie es einen Kurzschluss in einem nahegelegenen Strommast gab - sehr ermutigend (hier sind alle Leitungen irgendwie offen und alles wirkt ziemlich lebensgefährlich...)! Wir fuhren, nein eher schwammen, zurück zum Markt. Die Straße war inzwischen keine Straße mehr, sondern ein Fluss mit heftiger Strömung, der sämtlichen Müll mit sich führte. Ich danke für unser "neues"  Auto und dafür, dass Daniel mir immer mal wieder gesagt hat, worauf man bei Oberschenkel-hohem Wasser! achten sollte! Die Damen waren wie vermutet völlig nass und wir heizten das Auto erstmal richtig auf um sie wieder etwas warm zu kriegen. (Heizung an in Afrika!)
Auf dem Highway nach Jui sah es nicht besser aus - Wasser und Schlamm, wohin man auch sah. Die Einfahrt zum Methodistischen Krankenhaus war nicht mehr passierbar und davor war ein richtiger Strudel aus Müll und Schlamm. Die Damen schauten sich das alles mit offenen Mündern an, denn so schlimm war der Regen wohl noch nie (ich habe keine Ahnung, aber für mich war es schlimmer, als alle Bilder, die ich je im Fernsehen gesehen habe!). Der schlimmste Anblick war allerdings ein Haus, das bis zum ersten Stock, auf dem Menschen saßen, unter Wasser stand, der Garten, die Autos - alles. Für die Menschen  hier bedeutet dass das Aus! Hier gibt es keine Versicherung, die für den Schaden aufkommt und die Regierung gibt auch nichts dazu! Somit hat das Wasser, den Menschen, die ohnehin kaum etwas haben, auch noch den Rest genommen!
Als wir wieder in Jui ankamen, ließ der Regen gerade nach. Die erste Sperre, die wir passieren mussten war offen (die Polizei hat eine Sperrung zwischen der Kreuzung und dem Weg zum Campus - warum auch immer!), denn bei Regen ist Polizei ja nicht gerne draußen! ;-) Kurz danach kam allerdings eine zweite Sperrung - der Local-Tax-Checkpoint! Lustig! Doris hatte ihre Karte dabei, ich hatte meine Quittung dabei und Sarah wurde immer nervöser. Nach einigem Palaver zwischen Doris und dem Kontrolleur über die Wichtigkeit der Kontrolle bei diesem "Hundewetter" kam ihr die Idee, ich könnte meine Quittung ja einfach an Sarah weitergeben. Eine Weiße würden sie eh nicht kontrollieren. Und wirklich, jetzt weiß ich, dass ich die 1,20 Euro (!) für die Quittung völlig umsonst ausgegeben habe - nein natürlich nicht umsonst, denn Sarah wurde durchgelassen und muss nun nicht nach "Pademba"! und kann weiter für uns kochen. ;-)
Leider sind bei dem Unwetter gestern einige Menschen gestorben und noch mehr obdachlos geworden - hoffentlich kommt so ein Unwetter nicht noch einmal!

Dienstag, 18. August 2009

Von Hühnern und anderen Tieren

Wir haben ja schon viele Geschichten mit Tieren erlebt:
Ich habe eine Schlange gesehen, Daniel noch keine Einzige und die Kinder? Keine Ahnung, aber ich denke schon einige, die aber zum Glück alle direkt getötet wurden. Jeden Tag laufen etwa 30 Hühner um unser Haus auf der Suche nach Essen und morgens werden wir schon ab 4 Uhr vom Krähen der Hähne in ganz Jui geweckt. Seit einigen Tagen haben unsere Nachbarn eine Ziege, die ständig meckert, wir haben einen kleinen Kater, der sich inzwischen schon der Spinnen annimmt, der die Kakerlaken, die sich manchmal in unser Haus verirren, auf den Rücken legt und ansonsten am liebsten in die großen Ohren unseres immer größer werdenden Hundes beißt. Wir hatten schon mit Mäusen und Ratten zu tun und mir wurde schon mal eine Eule zum Kauf angeboten (ich habe, zum Leidwesen meines Mannes, abgelehnt!) aber das Tier, von dem ich heute erzählen möchte, haben wir bisher nur nachts und nur durch die Fenster gesehen: eine Fledermaus.
Fledermäuse gibt es hier ziemlich viele - aber unsere kam am Sonntag während der Predigt in den Gottesdienstraum geflogen. Sie flog einige Runden sehr aufgeregt an der Decke entlang, auf der Suche nach einem Plätzchen zum Ausruhen, hatte aber kein Glück, bis sie Anna entdeckte und sich direkt an ihren Haaren festklammerte. Anna merkte zum Glück nicht, dass es die Fledermaus war, die sie auf dem Kopf sitzen hatte und wollte sie abschütteln - ohne Erfolg. Schnell kam einer der Jugendlichen, riss die Fledermaus von Annas Kopf und trat sie tot. Das war das traurige Ende einer kleinen Fledermaus - aber für uns war es das Highlight des Gottesdienstes. Man muss dazu sagen, dass sich unser Pastor an diesem Sonntag fast selbst übertroffen hat, die Predigt ging fast 50 Minuten... da konnte man eine kleine Abwechslung schon gebrauchen, oder?

Samstag, 15. August 2009

Verliebt - verlobt - verheiratet

... ganz so einfach ist das nicht. Diese Woche waren wir zu einer zeremoniellen Verlobungsfeier eingeladen, und die hatte es in sich! Die Familie des Bräutigams mußte richtig um die Braut kämpfen, während er selbst noch nicht einmal anwesend war. Mit der Erlaubnis des Familienoberhauptes der Braut veröffentlichen wir hier nun einen Bericht über die Verlobungsfeier.

Auf der Einladungskarte steht Veranstaltungsbeginn sei 2 pm (14 Uhr), aber vor 3 brauche ich nicht kommen, wie man mir gleich dazu sagt. Auf die Frage, ob ich als Nicht-Familienmitglied wirklich erwünscht bin, erhalte ich zwei Antworten: "Wenn Du vom Familienoberhaupt eingeladen wirst, bist Du immer erwünscht. Außerdem bist Du nicht der einzige Gast, den meine Schwester nicht kennt!" - Der älteste Bruder der Braut gilt als Verantwortlicher der Familie, weil der Vater vor einigen Jahren bereits verstorben ist. Sämtliche Veränderungen der Familie müssen seit dem 'über seinen Tisch' gehen. - Als ich um Punkt 3 pm an dem Haus ankomme, sitzen draußen mir unbekannte Leute. Das ist nichts besonderes, denn es wird eine größere Veranstaltung, so scheint es. Ich grüße höflich und betrete das Haus; es wundert mich noch nicht, dass mein Gruß nicht erwiedert wird. Drinnen sitzen bereits Gäste, manche davon sind mir bekannt. Besonders auffällig ist die Sitzordnung: zwei sich gegenüber stehende Fronten, wie im Oberhaus des Britischen Parlaments, Regierung und Opposition. Die eine Seite ist noch leer, während sich die andere innerhalb der nächsten Stunde füllt. Aus der Küche duftet es schon ganz gut, der Generator brummt in einem Zimmer des Hauses, denn draußen regnet es in Strömen. - Wir haben August, die "romantischste" Jahreszeit in Sierra Leone: Regenzeit.

Irgendwann steht ein mir vage bekannter Mann auf, der sich als Moderator des Tages vorstellt, ein sogn. Chairman, wie ihn jede Veranstaltung in SL braucht, hier nun "Spokesman" genannt: der Redner des Tages. Ganz im Sinne moderner Konfliktbewältigungs-Strategien amerikanisch-europäischer Prägung würde ich ihn lieber "Mediator" nennen. Alle Kommunikation zwischen den beiden Parteien wird heute ausschließlich über ihn gehen. Er begrüßt uns alle als Großfamilie, wobei die nicht verwandten Gäste wie ich (und er selbst!) munter miteingeschlossen sind. Von Verlobung o.ä. sagt er nichts. Ich frage mich schon, ob ich auf der richtigen Veranstaltung gelandet bin. Die Begrüßung endet mit der Bemerkung, draußen würden ja irgendwelche Fremden sitzen, und der Frage, ob wir sie reinlassen wollen um herauszufinden, wer es ist. - Wir beantworten die Frage zögernd, halbherzig. Sie sollen sich mal nicht all zu willkommen fühlen! (Später erfahre ich, dass das noch die harmlose Variante war: Normalerweise stehen sie stundenlang vor verschlossener Tür und müssen anklopfen, werden zuerst sogar eine Weile ignoriert und müssen dann "beweisen", dass sie in friedlichder Absicht gekommen sind; zu Kriegszeiten war dieser "Beweis" besonders wichtig!) Die Fremden betreten das Haus und nehmen auf der uns gegenüber liegenden Seite Platz. Sie sind nervös und schweigen betreten. Auf unseren Gesichtern spiegelt sich Skepsis. Bevor der Spokesman die Fremden einläd sich vorzustellen, wird ein großes Glas mit Wasser gebracht, in dem eine für mich undefinierbare Substanz schwimmt. Der Moderator fischt es heraus und bricht es in kleine Teile. Jeder im Raum - die Fremden zuerst - müssen ein Stück davon essen, zum Zeichen, dass alle in freidlicher Absicht gekommen sind. Es handelt sich um eine große  Nuß (Kola-Nut), deren Geschmack mich in seiner Intensität an puren Ginger erinnert, zuerst unglaublich trocken und furchtbar bitter, glücklicherweise mit weichem Abgang. Alle stecken es locker weg; mich bedenken sie (zu Recht) mit erwartungsvollen Gesichtern: "Meisinger, alles klar?" - Mir bleibt das Lächeln beinahe im Hals stecken; ich kriege gerade so ein Nicken zustande.

Nachdem er dazu aufgefordert wurde, erhebt sich ein junger Mann, der zuerst sich als Familienoberhaupt vorstellt, anschließend seine Mutter und die anderen Vertreter seines Clans. Auf die Frage, was sie nun genau von uns wollen, gesteht er beinahe zähneknirschend, dass sein kleiner Bruder ein Auge auf eine "Frucht" dieses Hauses geworfen hat. Es handle sich um eine bestimmte Frucht und nun sei man gekommen, um höflich zu fragen, ob u.U. bestimmte Verhandlungen aufgenommen werden können. Der Mittelsmann fragt zurück, ob sie sicher sind, im richtigen Haus zu sein, und was sie zu tun bereit sind, um ihre Absichten zu untermauern. Daraufhin zückt der große Bruder einen Stapel Umschläge und nennt die Empfänger, eine Liste Hausangehöriger, die der "Frucht" beim Wachsen geholfen haben: sämtliche Haus-Angestellten, Brüder und Schwestern, Onkel und Tanten, die Mutter und zu guter letzt den Vater. Die Umschläge sind gut befüllt, insgesamt eine Menge guter Argumente für uns, Verhandlungen u.U. in Erwägung zu ziehen. Feierlich überreicht er die Briefumschläge dem Moderator. Mit dem Hinweis auf den uns gegenüber ausgedrückten Respekt empfiehlt der Mittelsmann unserem Familienoberhaupt ausdrücklich die weiteren Verhandlungen mit der anderen Partei. Zögernd stimmt er zu und nimmt den Stapel Umschläge entgegen. Die Bittsteller sind sichtlich erleichtert. Unser Oberhaupt fragt den Moderator, ob die anderen wirklich genau wüßten, um welche Frucht es sich handelt. Er hätte da einige, ganz verschiedene anzubieten, allerdings müßten sie mühsam herbei geschafft werden. Der Fremde wird nun wagemutiger und stimmt dem aufwendigen Transport der "Früchtchen" zu; er sei auch bereit, den Transport zu bezahlen. Kleine Scheine werden den Tanten der Familie in die Hand gedrückt und auf den Weg geschickt. Im hinteren Teil des Hauses wird Gekicher laut, als eine "Frucht" nach der anderen angeschleppt und dem Interessenten vorgestellt wird. Jedesmal fließen Scheine von Hand zu Hand; jedesmal will eine andere Tante die nächste Frucht organisieren. Nr. 3 soll es dann sein, in Schleier verhüllt sitzt sie zwischen die Fronten, ist von jetzt an "Verhandlungsgegenstand".

Vom Redner des Tages wird sie gefragt, ob sie 'diese Fremden da' überhaupt kennt und bereit ist, hier so sitzen zu bleiben. Sie nickt verstohlen, was ihrem Bruder nicht reicht. Er provoziert eine laut und deutlich ausgesprochene Antwort: "Ja." - Auf die Frage, was nun für diese "Frucht" in die Waagschale geworfen werden wird, übergibt der große Bruder des zukünftigen Bräutigams dem Moderator eine Schüssel mit verschiedenen Früchten und weiteren Kola-Nuts. Die besondere Pointe ist eine besondere Bibelausgabe und ein kleines Kästchen mit Ringen. Der Hausvater ist einigermaßen beeindruckt, als seine kleine Schwester die ihr feierlich überreichten Geschenke respektvoll in seine Hände gibt. Im Gegenzug erhält sie von ihrem Familienoberhaupt eine Reihe guter Ratschläge. Z.B. sollte sie der anderen Familie immer mit höchstem Respekt begegnen, sich gemäß ihrer gut christlichen Erziehung verhalten und ihr neues Zuhause als ihre neue Familie betrachten; er sei nun nicht weiter für sie verantwortlich. Nun erheben sich die besonders geladenen Geistlichen und nehmen die Verlobungszeremonie vor: Das "gegnerische" Familienoberhaupt steckt der Braut den Ring an den Finger. Gebete werden gesprochen, nicht ohne der verstorbenen Familienväter zu gedenken.

Danach gibt es Grund genug, nun endlich die Familie der Braut ausführlich vorzustellen. Ganz zum Schluß wird nach dem Bräutigam gefragt, die anwesenden Mütter, Tanten und Schwestern wollen ihn unbedingt in Augenschein nehmen. Weil er noch nicht da ist, beginnen wir mit dem Festessen. Währenddessen trifft er ein und das Paar tanzt den ersten Tanz - wenig feierlich, aber ziemlich ausgelassen. Damit ist der offizielle Teil beendet, die Gäste essen und trinken sich satt. Alle möglichen alten und neuen Familien-Konstellationen werden photografisch festgehalten. Währenddessen trommelt der Regen weiter auf das Wellblechdach, und die ersten Hunde kommen um die Reste zu fressen, die achtlos vor den Hauseingang gekippt werden. Letzteres gehört zwar nicht zu den gängigen Verlobungsritualen, ist hier aber allgemein üblich. Der kleine Mecks ist auch dabei und lernt von seinen Onkels und Tanten, wie man als Hund auf unserem schönen Campus überleben kann.

Samstag, 8. August 2009

Alles OK, Sie können weiter fahren

Diese Woche wurde ich (Daniel) in einer Routine-Polizeikontrolle um meinen Führerschein gebeten ... und durfte gleich weiter! Das ist insofern ein tolles Ereignis, als dass in den vorangegangenen Begegnungen der 3. Art immer irgendetwas bemängelt wurde: Probleme mit der Versicherung, Steuer, Falschparken o.ä. (Oder aber, wir wurden auf Grund der Aufschrift "Mission" auf unserem Fahrzeug gleich durch gewunken.) Nun scheint also definitiv alles in Ordnung zu sein!

Das ist nicht nur gut so, sondern auch deswegen wichtig, weil hier zu Lande die Daumenschrauben angesetzt werden: mindestens 1-2 o.g. Polizei-Kontrollen wöchentlich und feste Steuer-Kontrollen (von mir liebevoll "Wegezoll" genannt; u.a. direkt an unserer Jui Junction), an denen überprüft wird, ob man die Local Tax gezahlt hat (Gerüchten zufolge Le 5'000 für Einheimische / Le 50'000 für Ausländer, wenn man keine permanente Aufenthaltsgenehmigung hat).
So sieht es bei uns aus, die wir in unmittelbarer Nähe zur Hauptstadt Freetown wohnen. Wie das up country ist, werden wir bald herausfinden, wenn es morgen nach Lumpa (Waterloo) geht und im September dann nach Makeni.

Übrigens: Wo die Orte sind, die wir bereits besucht haben, kann man ganz leicht auf unserer Homepage herausfinden: einfach mal die Fahne anhauchen ...

Apropos Fahne: Eine echt interessante Begegnung der 3. Art hatte ich neulich abends mit Paul zusammen, als wir mit dem Motorrad vor zur Kreuzung gefahren sind, um Brot zu kaufen. Er saß barfuß vor mir auf dem Tank, so wie alle Kinder hier, die auf 'nem Honda mitfahren, und als wir zum Checkpoint kurz vor der Kreuzung kommen, merke ich schon: Da stimmt was nicht. So wie alle andern - auch die Fußgänger - bleibe ich stehen, gut 20 Meter vor der Leine, die als provisorischer Schlagbaum herhalten muss.
Plötzlich kommt ein 2m großer Polizist auf mich zugesprungen und schreit mich an: "Was bildest Du Dir eigentlich ein, komm sofort mit! Ihr Ausländer glaubt wohl, Ihr könnt Euch alles erlauben!" - Er hat fast Schaum vor dem Mund, und ich will mich auf keine Diskussion mit diesem Typen einlassen, der mich zu anderen Gelegenheiten schon 30 Mal an der gleichen Stelle einfach durch gewunken hat.
Er zwingt mich, auf dem Platz vor dem Polizeigebäude das Honda abzustellen und abzusteigen; der Paul darf sitzen bleiben: stocksteif und irritiert sitzt er da. Auf dem Platz stehen alle möglichen Polizisten herum, ebenfalls stock steif und starren auf einen Fahnenmast. Kaum ist die Fahne herunter, lockert sich die Situation, als ob man wieder auf Play gedrückt hätte und das Standbild erlöst wurde.
Nun fängt der wild gewordene Officer Diskussionen mit drei verschiedenen Leuten an, die alle wie ich zur Seite "gebeten" wurden. Als ich zwischendurch auch mal an der Reihe bin, schreit mich der Typ wieder an: "Das nächste Mal ziehe ich Dich zur Rechenschaft! Jetzt lass ich Dich gehen, für dieses Mal: Hau ab! Aber nächstes Mal bist Du dran! Als ob Ihr in Eurem Land nicht vor Eurer Fahne salutiert ..."

Wie ich später erfahren habe, ist es ein Gesetz in Sierra Leone, dass alle National-Flaggen, wo immer sie auch hängen mögen, um 18 Uhr auf Halbmast gesetzt werden müssen. Dann hat alles stehen zu bleiben, was in einem bestimmten Umkreis ist. Diese Zeremonie nicht statt finden zu lassen ist eine Straftat! Seit diesem Erlebnis schaue ich immer auf die Uhr, bevor ich zur Kreuzung fahre um Brot zu kaufen. Auf meine Frage, ob beim Hochziehen der Fahne der gleiche Aufwand betrieben wird, konnte mir bisher niemand antworten.