Mittwoch, 27. Januar 2010

Kommste aus'm Süden?

Auf der Rückfahrt von Lunsar haben wir bereits geahnt, dass kein Wasser laufen würde. Und wahrhaftig: Bereits seit zwei Tagen kommt nicht ein Tropfen Wasser aus der Leitung. Leider ist seit über einer Woche auch noch der Brunnen auf dem Campus ohne funktionierende Pumpe, so dass wir unser Trinkwasser wieder kaufen müssen; das heißt aber leider auch, dass unsere letzte Reserve aufgebraucht ist und nicht ohne Weiteres nachgefüllt werden kann. Also nahm ich mir ein 60l-Fass und die Sackkarre und zog los durch die Community auf der Suche nach einem laufenden Wasserhahn.
Nicht lange, und eine Frau aus der Nachbarschaft erkannte den weißen Mann als einen Hilfebedürftigen, und sie dirigierte mich zwischen Häusern und Buschwerk zu einem jungen Mann, der mich mit astreinem Englisch zu einem offenen Platz zwischen einigen Privathäusern führte, an dem einige junge Frauen (sich) wuschen, oder ihre eigenen Eimer füllten. Sie staunten nicht schlecht und machten nicht ganz widerwillig Platz für den armen Weißen, der sich und seine zwei kleinen Kinder waschen muss ... immerhin habe ich es bereits zu zwei Kindern gebracht (!), aber bestimmt sei meine Frau genauso weiß wie ich, ob mir ihre dunkle Haut denn nicht auch gefallen würde. - Schließlich kam die alte Ma aus dem Haus geschlurft und sprach mich auf Temne (sprich: Timmny) an; zum Glück kann ich die Begrüßungsfloskeln einigermaßen, und so quasselte sie weiter auf mich ein, um nachher vor allem über mich zu reden, was wiederum zur Erheiterung der umstehenden Jugend führte. Was hatte sie nur gesagt?
Zum Glück wurde ich von dem Hausbesitzer gerettet, der weder meinen Namen noch meinen Familienstand wissen wollte: "Kommste aus'm Süden?" - Welcher Süden? Wie ein Sierra Leonier sehe ich ja wohl nicht aus! Aus dem Süden Deutschlands trifft es besser. Ob ich Stuttgart kenne ... usw. Er verabschiedete sich: "Gute Nackt!" - Warum versuche ich überhaupt Krio zu lernen, wenn um mich herum die Leute Englisch, Temne oder gleich Deutsch können???

Kaum komme ich mit dem gefüllten Fass nach Hause, kommt mir schon Auntie D entgegen: Sie hat noch zwei Nachbarn mobilisiert und uns Wasser vorbei gebracht. Auf diese Weise füllten sich (fast) von selbst 3 Fässer. Und während ich diese Zeilen tippe ruft Lisa aus dem Bad: "Wasser läuft!!!" - Danke, Herr des Wassers!
Trotzdem bleibt das Gebetsanliegen: Wasser ist ein haariges Thema für uns, vor allem auf dem TECT-Gelände scheinen die Leitungen alt und marode zu sein. Zu allem Überfluss scheint zu Tagzeiten die Großbaustelle vorne am Highway alles Wasser für sich abzuzweigen ... Könnt Ihr bitte fleißig weiter beten?

Freitag, 15. Januar 2010

Vieles ist in den letzten Wochen geschehen: hier ein paar Eindrücke:
Unser erstes Weihnachtsfest in SL war sehr schön und natürlich auch völlig anders als in Deutschland. Wir haben mit 2 amerikanischen Paaren gefeiert - am 24. mexikanisches Essen bei den einen, am 25. Brunch bei den anderen - sehr entspannt! Die Kinder durften an jedem Tag eine Kleinigkeit auspacken und freuten sich sichtlich über die entspannte Gemeinschaft. Eine spannende Sache war auch "die Geburt" unseres ersten Kükens am Weihnachtstag - Esmeralda hatte am 27. alle 7 Küken beisammen (zwei Eier waren nicht ausgebrütet und ein Küken hat die ersten 3 Wochen nicht überlebt - der Rest sucht fleißig Futter rund um unser Haus!). Silvester verbrachten wir mit amerikanischen Freunden bei uns mit Zwiebelkuchen und Berliner Pfannkuchen - ja, das alles kann man in Afrika auch kochen und backen, auch wenn es bei weitem nicht so gut schmeckt wie in Deutschland ;-) 
Und dann kam schon bald der "Große Tag"! Die Omas kamen am 3. Januar mit einiger Verspätung hier in SL an - für Anna und Paul ist ein inniger Wunsch in Erfüllung gegangen, hatten sie die Omas ja ein Jahr zuvor zuletzt gesehen!
In der Woche vor Weihnachten und die Zeit zwischen den Jahren haben Daniel und ich uns offiziell Urlaub genommen um das Haus in Ordnung zu bringen und als Familie abzuspannen - das tat uns allen sehr gut. Im Moment haben wir noch immer Urlaub ;-) Das College hat zwar offiziell schon geöffnet, aber die Registrierungszeit hat noch nicht begonnen und die Vorlesungen beginnen erst am 4. Februar - eine gute Möglichkeit also um mit den Omas Freetown, die Halbinsel, die Strände und ein wenig "Up-Country" zu entdecken. Wir alle genießen die Zeit, die leider viel zu schnell vergeht, miteinander sehr.
Jetzt gerade ist Daniel mit Anna, Paul und den Omas an den Strand gefahren und ich "hüte" das Haus - die Damen haben Coconut-Cake gebacken und Foday muss mal wieder gründlich putzen - und ich? Ich räume auf, -um und weg! Heute habe ich mir die Kinderkleider vorgenommen - T-Shirts aussortieren, Socken und lange Hosen eventuell wieder auf die Reise nach Deutschland schicken (aber das muss noch mit den Kofferbesitzern besprochen werden!) und den Rest in Tüten und an unsere Arbeiter weitergeben, Die drei ??? hören und die Ruhe genießen ;-)
Morgen fahren wir den ganzen Tag an den Strand (River No.2) und am Sonntag zeigen wir den Omas die Baptistengemeinde in Songo - vielleicht gehen wir abends noch "groß" im "Lighthouse" essen - zur Feier ihres Besuches und weil wir schon ein ganzes Jahr in Sierra Leone sind! Ganz schön lange Zeit! Vieles ist passiert, an vieles haben wir uns gewöhnt und an vieles werden wir uns wohl nie gewöhnen :-)
Daniels Finger(n) geht es nicht wirklich besser. Wir sind inzwischen alle ratlos und hoffen auf die diversen Arztbesuche die er im Februar machen wird, wenn er zu Vikariatstagung wieder in Deutschland ist - und Anna, Paul und ich wieder hier alleine sind! Diesmal wird die Zeit aber sicherlich nicht so hart wie beim letzen Mal, denn ich muss arbeiten, die Kinder fühlen sich hier wohl und inzwischen haben wir hier viele liebe Missionarskollegen, die schon "angedroht" haben, dass sie sich um uns "kümmern" werden! ;-) 
Ich möchte mich an dieser Stelle noch sehr bei den ganzen Briefschreibern bedanken, die nicht müde waren den Omas Briefe mitzugeben - das hat unglaublich gutgetan! DANKE!