Sonntag, 23. Januar 2011

Abenteuer Strand

Samstags nehmen wir uns, wenn möglich, unseren freien Tag und nutzen ihn um als Familie Zeit miteinander zu verbringen. Da es hier nur wenig Freizeitangebote gibt, gehen wir gerne an einen der traumhaften Strände Sierra Leones um zu entspannen, zu schwimmen und zu spielen. So auch gestern. Wie beschlossen nach langer Zeit mal wieder nach Bureh zu fahren. Dieser Strand ist recht außergewöhnlich, denn es gibt dort nicht "nur" das Meer, sondern auch einen Fluss, in dem Anna und Paul sehr gerne plantschen und von den überall verteilten Felsen ins Wasser springen. Als wir ankamen war niemand weit und breit zu sehen - außer natürlich den sog. "Beach-Boys" die einen, gegen Geld, mit Stühlen und einem Sonnenschirm versorgen und bei Bedarf auch Fisch mit Reis verkaufen und auch ein sog. "Outing" (Strandparty) war für heute nicht angekündigt. Der Tag versprach wirklich schön zu werden. Anna und Paul sprangen wagemutig ins Wasser (es war gerade Ebbe und der Fluss daher kaum gefährlich), Anna versuchte sich sogar im Kopfsprung was allerdings in einem Bauchplatscher endete- zum Glück ohne Verletzung! Einige Zeit später kamen noch zwei britische Soldaten und wir alle genoßen die Ruhe und die Sonne, bis...
... so gegen drei Uhr jemand laute Bum-Bum-Musik anmachte. Auf Nachfrage für wen die Musik in ohrenbetäubender Lautstärke angemacht worden wäre, erhielt Daniel die Antwort "Für die Besucher, die hoffentlich bald kommen werden" So so, für eventuelle Besucher und obwohl die, die da sind die Musik gar nicht hören wollen muss sie so laut sein?! Daniel geriet sehr in Rage deswegen und meinte wir würden dann sofort gehen und nie wieder kommen. Er hatte diese "Androhung" schon einige Male gemacht und nie umgesetzt: diesmal sollte es so sein. Wir packten zusammen und beschlossen für restlichen Stunden des Tages an einem anderen Strand weiter südlich zu verbringen. Daniel wollte mit Anna und Paul dorthin zu laufen, Miriam ging mit ihnen und ich fuhr das Auto zum nächsten Strand. Mit dem Auto ist der nächste Strand in etwa 5 Minuten zu erreichen - zu Fuß brauchten sie etwas über eine Stunde. Als ich sie endlich auf den Felsen sehen konnte war ich wirklich erleichtert, war es doch ein Wagnis mit zwei kleinen Kindern am Nachmittag so einen weiten und unbekannten Weg zu gehen. Als sie bei mir ankamen waren alle vier auch entsprechend k.o. Sie erzählten mir, dass der Weg bis auf etwa 2 Meter nur aus Felsen bestand, die natürlich am Nachmittag extrem heiß waren! Anna und Paul haben die Tour aber mit Bravour gemeistert, sie haben ja auch schon einige Übung im Klettern ohne Schuhe und manchmal glaube ich, sie haben keine Haut sondern Leder an den Füßen. Die Einzige, die ziemlich mitgenommen war, war Miriam. Sie hatte am Vormittag schon eine Runde am Strand gejoggt und sich dabei bereits Blasen geholt, nun war der Trip über kochend heiße Felsen nicht sehr gut für ihre, ohne hin schon schmerzenden Füße - aber es gab ja kein zurück!
Ich bin schon sehr stolz auf meine Kinder, die mal eben eine Stunde über Felsen klettern nachdem sie vorher schon drei Stunden im Wasser geplantscht und geschwommen haben. Ich glaube, die Zeit vom ins Bett gehen bis zum Einschlafen war schon lange nicht mehr so kurz! ;-)

Freitag, 21. Januar 2011

Mal wieder einer dieser Tage...

Heute (wer das heute liest sollte wissen dass es gestern war!) wollte ich nach Freetown fahren um einer kleinen Bibliothek beim beschriften ihrer Bücher auszuhelfen. Bereits letzte Woche war ich schon dort um Fragen zu beantworten und Tipps aus meiner Arbeit am TECT weiter zu geben. Heute fuhr ich also wieder dort hin, parkte meinen Wagen vor einer Moschee ein paar Schritte von den Räumlichkeiten, in der die Bibliothek ist, entfernt. Wir machten uns an die Arbeit und es machte wirklich Spaß. Irgendwann klingelte mein Telefon und ein Freund fragte mich, ob ich gerade in der Sanders Street sei, er habe ein Auto mit einer Kralle am Vorderrad gesehen dass genau wie meines aussehe und da wollte er doch mal nachfragen... Ich war etwas perplex, war ich doch tatsächlich in der Sanders Street! Ich ging also mit Samuel, einem der Mitarbeiter, nach draußen um zu prüfen ob es sich um mein Auto handelte und tatsächlich war an meinem rechten Vorderrad eine große Kralle angebracht. Samuel befragte einen Ladenbesitzer, der vor seinem Shop auf Kundschaft (in dem Fall Bräute, es war ein Brautmodengeschäft) wartete. Dieser Mann erzählte uns dann, dass die Polizei die Kralle angebracht hätte, weil die Sanders Street seit heute!! keine Einbahnstrasse  mehr sei. Ah ja. Interessanter Weise wussten weder Samuel noch Gwen, seine Chefin, von diesem neuen "Gesetz" und auch der Ladenbesitzer hatte sich nicht verantwortlich gefühlt mir diese Neuerung mitzuteilen als er sah, dass ich mein Auto dort abstellte. Glücklicher Weise hatte die Polizei einen handgeschriebenen Zettel mit zwei Telefonnummern hinter den Scheibenwischer geklemmt. Samuel rief sofort dort an und wurde mit einem "wir sind dafür nicht zuständig" und "rufen sie folgende Nummer an" abgespeist. Er liess nicht locker und telefonierte den ganzen Tag, mit dem Erfolg, dass irgendwann ein Mr. Barrie vorbei kam um sich des "Problems" anzunehmen. Uns allen stellte sich die Frage: Wie kann ich, die alle paar Wochen mal nach Freetown fährt von einem "Gesetzt" wissen, das durch Mundpropaganda am Vortag publik gemacht wurde - und das nicht einmal bei allen?! Mr. Barrie verstand sofort die Problematik musste uns jedoch an seinen Vorgesetzten verweisen, da er leider nicht befugt sei die Kralle einfach abzunehmen (außer sein Chef würde ihm die Erlaubnis dazu geben). Dieser Chef war dann aber leider nicht so leicht zu erreichen (entweder er nahm das Telefon nicht ab oder er unterbrach einfach das Gespräch und wenn er einmal dran blieb, dann bestand er darauf, dass wir uns an das Gesetzt halten müssten und wir die Le 100.000 (ca.20 Euro) zu bezahlten hätten). Nach einigem Hin und Her rief Samuel seinen Bruder an, der auch bei der Polizei arbeitet, doch auch dieser hatte keinen Erfolg. Immer wieder wurde uns gesagt, dass wir uns an das Gesetzt halten sollten und die Kralle nur abgemacht werden würde, wenn wir einen Einzahlungsbeleg vorweisen würden. (Die 100.000 Le sollten in der Kissi Road bei der SLRA bezahlt werden, die nur bis 16h geöffnet hat und mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwa 1 Stunde entfernt ist (die Kilometerzahl beträgt etwa 6 aber der Verkehr, die engen Straßen und die Bauarbeiten machen ein schnelles Vorankommen unmöglich). Zu dieser Zeit war es bereits kurz vor vier Uhr! Immer wieder rief Samuel bei irgendwelchen Polizisten an um ihnen die Absurdität der Situation zu erklären. Am Ende wurden wir wieder an Mr. Barrie verwiesen, dem auf einmal jegliche Autorität in der Sache zu verfahren eingeräumt wurde (anfangs wurde uns glaubhaft versichert, dass er keinerlei Befugnis hätte!). Als Samuel dann wieder Mr. Barrie an der Strippe hatte, sagte dieser er sei schon mit einem Auto unterwegs um mein Auto abzuholen. Der nächste Schock - wie um alles in der Welt sollte ich denn dann nach Hause kommen? Gegen 17h kam er tatsächlich und ich betete einmal mehr für einen guten Ausgang der Situation und dass ein Wunder geschehen würde und die Kralle von meinem Auto entfernt würde. Und so geschah es auch: Mr. Barrie nahm Gwen und Samuel das Versprechen ab, sich am nächsten Tag um die Bezahlung zu kümmern und liess die Kralle entfernen, damit "die weiße Frau zu ihren Kindern nach Hause fahren kann"! ;-) 
Den ganzen Tag hatte mein Auto die Straße blockiert und Gwen und Samuel waren nicht müde geworden immer wieder Bilder von Autos, die vor oder hinter mir geparkt hatten zu machen um diese dann am nächsten Tag den zuständigen Polizisten zu zeigen und ihnen klar zu machen, dass wir das neue "Gesetzt" nicht kennen konnten und daher auch nicht bezahlten müssten.
Heute früh rief Gwen beim zuständigen Polizisten an (der, der uns gestern immer wieder weg gedrückt hatte und offensichtlich nicht mit uns sprechen wollte) und vereinbarte einen Termin um 9.30h mit ihm in seinem Büro. Als sie dort ankam war er leider gerade aus dem Haus gegangen und sie sollte gegen 14h wieder kommen. Ich habe leider bisher keine weiteren Informationen aber ich habe so dass Gefühl, dass sie auch um zwei erfolglos geblieben ist. Vielleicht hat sich die Sache so schon erledigt, aber es war doch ein nervenaufreibender Tag gewesen.

Samstag, 8. Januar 2011

Das neue Jahr ist da und wir wünschen allen Lesern ein gutes, erfolgreiches und gesegnetes Jahr 2011. Unser zweites Weihnachtsfest hier in SL liegt hinter uns -  wow! Wir haben mit den beiden Volontären Miriam und Chrissi bei uns gefeiert. Am 24. nachmittags durften Anna und Paul draußen in einer Wasch-Wanne "baden". Das fanden Miriam und Chrissi so cool, dass sie das auch gleich machen wollten und so ergab sich eine lustige Wasserschlacht! ;-) Nach einem leckeren Abendessen, hier wird keine Christvesper gefeiert!,  gingen wir alle hinter das Haus und Daniel entzündete ein kleines Lagerfeuer. Später holte er noch seine Gitarre und wir sangen Lobpreis-Lieder zusammen. Anna und Paul waren begeistert und wollten gar nicht ins Bett gehen doch irgendwann gewann die Müdigkeit (und Mama) und sie schliefen seelenruhig ein. Am Samstag gab es morgens einen kurzen (nur eine Stunde!) Weihnachtsgottesdienst und danach Geschenke für Anna und Paul. Unser Weihnachtsfest war also sehr ruhig und mit viel Lesen und Spielen ausgefüllt. Der Montag nach Weihnachten wurde von der Regierung dann noch "spontan" zum Feiertag erklärt, da Weihnachten ja auf einen Samstag fiel und daher kein Wochentag "frei" war - vielleicht sollte man diese Idee mal an höchster Stelle vorbringen??? ;-)
Silvester verbrachten die beiden Volos in Kingtom auf der Missionsstation und wir hatten Besuch von zwei deutschen Frauen. Es war ein schönes Beisammensein! Am 31. fuhren wir ins Tacugama Chimpanzee Gehege und ließen uns von "wilden" Affen mit Steinen bewerfen  - was auch immer den Tieren angetan wurde, dass sie Menschen nicht mehr mögen?!
Nach Silvester verabschiedeten sich die beiden Frauen und die Volos kamen zurück zu uns. Wir fuhren mit ihnen für 5 Tage nach Lakka und verbrachten dort unseren ersten Urlaub seit zwei Jahren - den ganzen Tag lesen, schwimmen und mit Anna und Paul spielen! Leider wurde unser Aufenthalt dort direkt am ersten Tag ein wenig getrübt - ein Fischer war nach viel zu viel Alkoholkonsum ertrunken und die Leiche noch nicht wieder aufgetaucht... am Dienstag dann wurde sie am Vormittag gefunden. Das ganze Dorf war in Trauer und niemand "durfte" ins Wasser - wäre auch wirklich pietätlos gewesen. Das Highlight des Tages war jedoch ein sehr leckeres Essen bei einem der Strandköche und der Fang des Tages: ein riesiger Stachelrochen und mindestens ein dutzend Hammerhaie langen in den Booten - ein tolles Bild.
An Daniels Geburtstag probierten wir zum ersten Mal in unserem Leben Hummer - eine interessante Geschmackserfahrung ;-) 
Seit gestern sind wir wieder in Jui und ab Montag öffnet das College wieder seine Büros.  Der Unterricht fängt allerdings erst Anfang Februar statt, aber bis dahin muss noch einiges vorbereitet werden.
Das Jahr 2011 wird, zumindest für uns, ein spannendes Jahr werden. Im Februar/März wird Daniel für vier Wochen nacht Deutschland reisen um wieder an der Vikariatstagung teilzunehmen. Das gute daran?! Er wird auch gleich für die Vikariatsabschlusstagung dort bleiben und damit wäre das Vikariat (hoffentlich!) für ihn beendet.
Anfang Juni werden wir als Familie nach Deutschland reisen (Anna, Paul und ich werden dann zum ersten Mal seit 2 1/2 Jahren wieder deutschen Boden betreten!) und dann in den nächsten 3 Monaten Familie, Freunde und unsere Gemeinden zu besuchen!
Morgen Abend sind wir zwei Jahre in Sierra Leone - ein guter Grund zu feiern?! ;-)