Heute (wer das heute liest sollte wissen dass es gestern war!) wollte ich nach Freetown fahren um einer kleinen Bibliothek beim beschriften ihrer Bücher auszuhelfen. Bereits letzte Woche war ich schon dort um Fragen zu beantworten und Tipps aus meiner Arbeit am TECT weiter zu geben. Heute fuhr ich also wieder dort hin, parkte meinen Wagen vor einer Moschee ein paar Schritte von den Räumlichkeiten, in der die Bibliothek ist, entfernt. Wir machten uns an die Arbeit und es machte wirklich Spaß. Irgendwann klingelte mein Telefon und ein Freund fragte mich, ob ich gerade in der Sanders Street sei, er habe ein Auto mit einer Kralle am Vorderrad gesehen dass genau wie meines aussehe und da wollte er doch mal nachfragen... Ich war etwas perplex, war ich doch tatsächlich in der Sanders Street! Ich ging also mit Samuel, einem der Mitarbeiter, nach draußen um zu prüfen ob es sich um mein Auto handelte und tatsächlich war an meinem rechten Vorderrad eine große Kralle angebracht. Samuel befragte einen Ladenbesitzer, der vor seinem Shop auf Kundschaft (in dem Fall Bräute, es war ein Brautmodengeschäft) wartete. Dieser Mann erzählte uns dann, dass die Polizei die Kralle angebracht hätte, weil die Sanders Street seit heute!! keine Einbahnstrasse mehr sei. Ah ja. Interessanter Weise wussten weder Samuel noch Gwen, seine Chefin, von diesem neuen "Gesetz" und auch der Ladenbesitzer hatte sich nicht verantwortlich gefühlt mir diese Neuerung mitzuteilen als er sah, dass ich mein Auto dort abstellte. Glücklicher Weise hatte die Polizei einen handgeschriebenen Zettel mit zwei Telefonnummern hinter den Scheibenwischer geklemmt. Samuel rief sofort dort an und wurde mit einem "wir sind dafür nicht zuständig" und "rufen sie folgende Nummer an" abgespeist. Er liess nicht locker und telefonierte den ganzen Tag, mit dem Erfolg, dass irgendwann ein Mr. Barrie vorbei kam um sich des "Problems" anzunehmen. Uns allen stellte sich die Frage: Wie kann ich, die alle paar Wochen mal nach Freetown fährt von einem "Gesetzt" wissen, das durch Mundpropaganda am Vortag publik gemacht wurde - und das nicht einmal bei allen?! Mr. Barrie verstand sofort die Problematik musste uns jedoch an seinen Vorgesetzten verweisen, da er leider nicht befugt sei die Kralle einfach abzunehmen (außer sein Chef würde ihm die Erlaubnis dazu geben). Dieser Chef war dann aber leider nicht so leicht zu erreichen (entweder er nahm das Telefon nicht ab oder er unterbrach einfach das Gespräch und wenn er einmal dran blieb, dann bestand er darauf, dass wir uns an das Gesetzt halten müssten und wir die Le 100.000 (ca.20 Euro) zu bezahlten hätten). Nach einigem Hin und Her rief Samuel seinen Bruder an, der auch bei der Polizei arbeitet, doch auch dieser hatte keinen Erfolg. Immer wieder wurde uns gesagt, dass wir uns an das Gesetzt halten sollten und die Kralle nur abgemacht werden würde, wenn wir einen Einzahlungsbeleg vorweisen würden. (Die 100.000 Le sollten in der Kissi Road bei der SLRA bezahlt werden, die nur bis 16h geöffnet hat und mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwa 1 Stunde entfernt ist (die Kilometerzahl beträgt etwa 6 aber der Verkehr, die engen Straßen und die Bauarbeiten machen ein schnelles Vorankommen unmöglich). Zu dieser Zeit war es bereits kurz vor vier Uhr! Immer wieder rief Samuel bei irgendwelchen Polizisten an um ihnen die Absurdität der Situation zu erklären. Am Ende wurden wir wieder an Mr. Barrie verwiesen, dem auf einmal jegliche Autorität in der Sache zu verfahren eingeräumt wurde (anfangs wurde uns glaubhaft versichert, dass er keinerlei Befugnis hätte!). Als Samuel dann wieder Mr. Barrie an der Strippe hatte, sagte dieser er sei schon mit einem Auto unterwegs um mein Auto abzuholen. Der nächste Schock - wie um alles in der Welt sollte ich denn dann nach Hause kommen? Gegen 17h kam er tatsächlich und ich betete einmal mehr für einen guten Ausgang der Situation und dass ein Wunder geschehen würde und die Kralle von meinem Auto entfernt würde. Und so geschah es auch: Mr. Barrie nahm Gwen und Samuel das Versprechen ab, sich am nächsten Tag um die Bezahlung zu kümmern und liess die Kralle entfernen, damit "die weiße Frau zu ihren Kindern nach Hause fahren kann"! ;-)
Den ganzen Tag hatte mein Auto die Straße blockiert und Gwen und Samuel waren nicht müde geworden immer wieder Bilder von Autos, die vor oder hinter mir geparkt hatten zu machen um diese dann am nächsten Tag den zuständigen Polizisten zu zeigen und ihnen klar zu machen, dass wir das neue "Gesetzt" nicht kennen konnten und daher auch nicht bezahlten müssten.
Heute früh rief Gwen beim zuständigen Polizisten an (der, der uns gestern immer wieder weg gedrückt hatte und offensichtlich nicht mit uns sprechen wollte) und vereinbarte einen Termin um 9.30h mit ihm in seinem Büro. Als sie dort ankam war er leider gerade aus dem Haus gegangen und sie sollte gegen 14h wieder kommen. Ich habe leider bisher keine weiteren Informationen aber ich habe so dass Gefühl, dass sie auch um zwei erfolglos geblieben ist. Vielleicht hat sich die Sache so schon erledigt, aber es war doch ein nervenaufreibender Tag gewesen.
1 Kommentar:
Und ich dachte, das Behördenwirrwarr in Deutschland wäre schlimm...
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