Unser zweites Osterfest in Sierra Leone:
Willkommene Unterbrechung im Alltag.
Als Daniel in einer der vergangenen Campus-Andachten die Semester-Pause (ein langes Wochenende) ankündigte, erntete er natürlich Applaus; nicht wie sonst, wenn er die Studenten ermahnen muss, ihre Arbeiten pünktlich abzugeben, sich endlich für das laufende Semester zu registrieren, oder ähnliches. Nach dem letzten Unterricht am Donnerstag flogen dann die meisten auf dem Campus lebenden Studenten aus, und es kehrte eine wohltuende Ruhe ein, lediglich unterbrochen durch dreiste (jugendliche) Diebe, die ausgerechnet jene Bäume um ihre Früchte erleichtern, die hinter unserem Haus stehen.
Nach dem Gottesdienst am Karfreitag packten wir unsere fünfeinhalb Sachen für eine spontane Übernachtung im Nachbardorf Grafton bei unseren amerikanischen Freunden Sada & Gabe (Anna würde mich korrigieren: die mexikanisch-amerikanischen Freunde, denn Gabriel kommt aus Mexiko), mit denen wir dann am Samstag an einen wunderbaren Strand fuhren.
Leider berichteten uns die Verwalter, dass sie ein sogn. Outing erwarteten: Eine Pfingstgemeinde aus Freetown kündigte ihren Gemeindeausflug an. Das für uns Bedauernswerte daran ist, dass diese "Outings" immer mit ungeheurem Lärm einhergehen. (Gestern wurde mir allerdings glaubhaft zu versichern versucht, dass der Unterscheidung zwischen "Lärm" und "Musik" eine kulturelle Definition zu Grunde liegt: "Wir Afrikaner lieben diese Musik!" - "Und wir Europäer lieben es, wenn die Lautsprecher gut eingestellt sind und auch funktionieren!" hätte ich beinahe erwidert.)
Weil den Beach-Boys daran gelegen war, uns nicht als Kunden zu verlieren, lotsten sie uns an ein lauschiges Plätzchen weitab des Gemeindeausflugs und seiner lauten Bum-Bum-Musik. Dort konnten wir prima baden, auf den Felsen klettern, leckeren Fisch essen und die Seele einfach mal baumeln lassen. Nachher haben wir den Pflingstlern sogar ein paar Dosen Fanta abgekauft, nicht ohne über den enormen Biervorrat zu staunen, der in dem (ebenfalls enormen) Fass zwischen und unter den Riesen-Eiswürfeln gekühlt wurde.
Den Gottesdienst am Ostersonntag verbrachten wir in einer kleinen Baptistengemeinde in der unmittelbaren Nachbarschaft: in einem Zelt in irgendeinem Hinterhof am Berg dachten wir nach halbstündigem Lobpreis mit einer bunten Truppe über die Verschiedenheit der Auferstehungsberichte in den vier Evangelien nach. Einfach herrlich: Der junge Pastor unternahm gar nicht erst den Versuch, die Berichte in irgendeiner Form zu harmonisieren, sondern wies auf die Glaubwürdigkeit des Osterereignisses, gerade wegen der verschiedenen Berichte hin. Er verdeutlichte dies mit den jüngsten Erfahrungen des Landes im Bürgerkrieg: Jeder würde vom Krieg andere Erlebnisse berichten; aber trotzdem bliebe doch die Tatsache bestehen, dass das Land zehn Jahre lang zutiefst erschüttert und schmerzlich verwundet wurde. - Was immer auch die Evangelisten über Ostern zu berichten wussten, jeder setzte seinen eigenen Schwerpunkt, v.a. in der Art, wie er davon berichtete.
Der Rückweg bescherte uns dann noch etwas Einmaliges: Noch nie zuvor hatten wir einen relativ umfangreichen Wirbelsturm aus unmittelbarer Nähe gesehen. Das kommt hier wohl häufiger mal vor, hat uns aber trotzdem sehr beeindruckt, wie der Sand des Fußballplatzes von Grafton mal eben so gen Himmel auffuhr.